+41 (0)62 956 10 20

Datum:

Freitag, 01 Januar 2021

Autor:

Eva Staub

Tags:

Neue oder geänderte Gesetze im Jahr 2021

Neues Jahr, neue Gesetze: Sie finden hier einen kursorischen Überblick über die wichtigsten neuen oder geänderten Erlasse auf Bundesebene ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Staat, Volk und Behörden

  • öffentliches Beschaffungswesen

Am 1. Januar 2021 tritt das totalrevidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) in Kraft. Demnach soll in Zukunft nicht mehr das wirtschaftlich günstigste, sondern das vorteilhafteste Angebot den Zuschlag erhalten. Zugleich ändern sich die Zuschlagskriterien, nach denen öffentliche Auftraggeber ihre Anbieter auswählen. Lebenszykluskostenansatz und Nachhaltigkeit bringen einen Schritt Richtung Vollkostenrechnung. Dazu kommt, dass die Totalrevision des Beschaffungsrechts eine Harmonisierung der öffentlichen Beschaffungspraxis mit sich bringen wird.

Die neue Regelung zum öffentlichen Beschaffungswesen relativiert die Bedeutung des Preises zugunsten der Qualität. Die Schlagworte des neuen Vergaberechts lauten: Qualität, Innovation und Nachhaltigkeit.

  • Schutz von Personen und Gebäuden in Bundesverantwortung

Mitglieder der Bundesversammlung sollen besser geschützt werden können. Bei Bedarf können für Privatdomizile von Parlamentsmitgliedern (National- und Ständerat) Schutzmassnahmen ergriffen werden. Bisher war dies lediglich für Privatdomizile von Bundesrätinnen oder Bundesräten sowie exponierte Angestellte des Bundes möglich.

 

2. Privatrecht, Zivilrechtspflege und Vollstreckung

  • Frauenquote "light"

Ab Anfang Januar 2021 gelten für grosse börsenkotierte Unternehmen Geschlechterrichtwerte, wonach im Verwaltungsrat Frauen zu mindestens 30% sowie in der Geschäftsleitung mindestens zu 20% vertreten sein müssen. Verfehlen die Betriebe die Ziele, müssen sie dies begründen und im Vergütungsbericht die Massnahmen zur Verbesserung der Situation darlegen. Die neue Regelung findet sich im Obligationenrecht (OR).

 

3. Gesundheit, Arbeit und soziale Sicherheit

  • Sars-Covid19

Seit Juni 2020 gilt die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz (EpG). Die Kantone treffen zusätzliche Massnahmen, wenn die Fallzahlen auf ihrem Gebiet steigen, ein Anstieg der Fallzahlen droht oder weitere Indikatoren auf eine problematische Entwicklung hindeuten (z.B. Reproduktionswert, Kapazitäten im Contact Tracing und in der Gesundheitsversorgung). Die Massnahmen können sich deshalb von Kanton zu Kanton unterscheiden.

Informieren Sie sich beim entsprechenden Kanton, welche kantonalen Massnahmen gelten. Wo die kantonalen Massnahmen strenger sind als die nationalen, gilt es diese zu beachten. Die bundesweiten und kantonalen Regelungen können sich je nach Situation jederzeit wieder ändern.

Die neusten Massnahmen auf Bundesebene gelten ab dem 18. Januar 2021 und sind bis zum 28. Februar 2021 befristet.

  • Ergänzungsleistungen

Die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV helfen dort, wo die Renten und das Einkommen nicht die minimalen Lebenskosten decken.

Was ist neu?

  • Die Mietzinsmaxima werden angehoben und die unterschiedliche Mietzinsbelastung in den Grosszentren, in der Stadt und auf dem Land sowie der höhere Raumbedarf von Familien berücksichtigt.

  • Die Vermögenssituation des EL-Bezügers wird stärker berücksichtigt. Künftig haben nur noch Personen mit einem Vermögen von weniger als CHF 100'000.- Anspruch auf EL. Der Wert von selbstbewohnten Liegenschaften wird nicht miteinbezogen.

  • Die Vermögensfreibeträge werden gesenkt.

  • Der Lebensbedarf von Kindern wird neu geregelt.

  • Das Einkommen des Ehegatten wird neu zu 80% angerechnet.

  • Bei der Krankenkassenprämie werden die tatsächlichen Ausgaben berücksichtigt.

  • Die EL-Berechnung für Personen im Heim wird neu ausgestaltet.

  • Der EL-Mindestbetrag wird gesenkt.

  • Vaterschaftsurlaub

Väter müssen den neuen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub innerhalb von sechs Monaten ab Geburt des Kindes beziehen. Ob sie dies am Stück oder in Form einzelner Tage tun, spielt keine Rolle. Der Erwerbsersatz muss vom Arbeitgeber bei der zuständigen Ausgleichskasse gemeldet werden.

Die Höhe der Entschädigung entspricht derjenigen der Mutterschaftsversicherung: 80% des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes, maximal jedoch 196 Franken pro Tag.

  • Kurzurlaube und Betreuungsurlaub zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Ab dem 1. Januar 2021 haben Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlte Kurzurlaube zur Betreuung kranker oder verunfallter Familienmitglieder oder Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner. Die Kurzurlaube betragen höchstens drei Tage pro Fall und nicht mehr als zehn Tage pro Jahr. Zudem haben erwerbstätige Eltern ab dem 1. Juli 2021 gemeinsam Anspruch auf einen 14-wöchigen Urlaub für die Betreuung eines schwer kranken oder verunfallten Kindes.

 

4. Landesverteidigung

  • Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes

Die Totalrevision stärkt die Führung, die Koordination und die Einsatzfähigkeit des Bevölkerungsschutzes im Krisenfall. Neu dauert die Schutzdienstpflicht nur noch 14 Jahre. Zusätzlich soll ein Personalpool den Ausgleich zwischen Kantonen mit Über- oder Unterbeständen erleichtern.

 

5. Öffentliche Werke, Energie und Verkehr

  • Passagierrechte im öffentlichen Verkehr

öV-Nutzende haben bei grossen Verspätungen und Ausfall von Verbindungen einen gesetzlichen Anspruch auf Ticket-Rückerstattung, Entschädigung oder Hilfeleistungen. Gleiches gilt für den internationalen Linienbusverkehr. Beträgt die Verspätung über eine Stunde, erhalten Reisende mit Einzel- und Streckenbilletten 25% des Fahrpreises zurückerstattet, bei über zwei Stunden werden 50% entschädigt.

Die neuen Bestimmungen im Personenbeförderungsgesetz verpflichten die Transportunternehmen bei Kursausfällen und Verspätungen ab einer Stunde am Zielort zu Rückerstattungen oder Entschädigungen. Dasselbe gilt für Reisen mit internationalen Linienbussen. Hier ist die Abfahrtsverspätung massgebend. Ausgenommen von der Entschädigungsregel sind Seilbahnen und die Schifffahrt, da diese von schwierigen Wetterverhältnissen besonders stark beeinträchtigt werden.

Die Transportunternehmen haben Beschwerdestellen eingerichtet. Reisende, die mit einem Entscheid des Transportunternehmens nicht einverstanden sind, können sich an die Durchsetzungsstelle des Bundesamtes für Verkehr wenden.

  • Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe

Der Bundesrat will die Verlagerungspolitik weiter stärken. Ein Mittel dazu sind höhere Abgaben für ältere Lastwagen bei der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Der Gemischte Ausschuss zum Landverkehrsabkommen Schweiz-EU hat beschlossen, die LSVA per 1. Juli 2021 anzupassen.

  • Neue Verkehrsregeln

Es treten neue Verkehrsregeln in Kraft, welche die Sicherheit erhöhen und den Verkehrsablauf flüssiger machen sollen.

  • Reissverschluss bei Fahrstreifenabbau und Autobahneinfahrten:

Beim Abbau von Fahrstreifen ist das Reissverschlusssystem neu obligatorisch. Dies gilt überall dort, wo Fahrstreifen enden: Zum Beispiel beim Wechsel von drei auf zwei Fahrstreifen, bei Unfällen oder Baustellen, ebenso bei Autobahneinfahrten. Das Nichtbeachten des Reissverschlusssystems wird mit einer Ordnungsbusse geahndet.

  • Rettungsgasse auf Autobahnen:

Neu muss auf Autobahnen eine Rettungsgasse für Einsatzfahrzeuge freigehalten werden, bereits wenn sich der Verkehr nur noch mit Schrittgeschwindigkeit bewegt. Das gilt sogar dann, wenn kein Blaulichtfahrzeug zu sehen oder zu hören ist. Bei zweispurigen Strassen ist die Rettungsgasse zwischen den beiden Spuren zu bilden, bei dreispurigen Strassen immer zwischen dem äussersten linken und dem mittleren Fahrstreifen. Das Nichtbeachten der Rettungsgasse wird mit einer Ordnungsbusse geahndet.

  • Rechtsvorbeifahren auf Autobahnen:

Auf den Autobahnen gilt nach wie vor das Rechtsfahrgebot. Wenn sich auf dem linken (oder bei dreispurigen Autobahnen auf dem linken oder mittleren) Fahrstreifen eine Kolonne gebildet hat, dürfen die Verkehrsteilnehmenden auf der rechten Spur neu mit der nötigen Vorsicht vorbeifahren, auch wenn sich rechts noch keine Kolonne gebildet hat. Das Rechtsüberholen bleibt hingegen weiterhin verboten und zieht eine Ordnungsbusse nach sich.

  • 100km/h für leichte Anhängerzüge auf Autobahnen:

Wer mit Personen- oder Lieferwagen einen Anhänger zieht, darf auf Autobahnen neu höchstens mit 100 km/h fahren. Der Anhänger darf nicht schwerer sein als 3,5 Tonnen und muss für diese Geschwindigkeit geeignet sein. Es empfiehlt sich, vor der Fahrt Fragen zu Höchstgeschwindigkeit und -gewicht abzuklären.

  • Rechtsabbiegen bei Rot für Velo und Mofa:

Rad- und Mofafahrende dürfen neu an Ampeln bei rotem Signal rechts abbiegen, sofern dies mit einer Tafel (gelbes Velo und Pfeil) signalisiert ist. Fussgänger und Querverkehr haben in dieser Konstellation Vortritt. Ist bei einer Ampel nichts dergleichen signalisiert, gilt Rot auf für Velos und Mofas.

  • Primarschulkinder mit Velo auf dem Trottoir:

Neu dürfen Kinder bis 12 Jahre mit dem Velo das Trottoir dann benützen, wenn kein Radweg oder Radstreifen vorhanden ist. Fussgänger haben aber nach wie vor Vortritt!

  • Symbol «Ladestation»:

Für den ruhenden Verkehr wird neu das Symbol «Ladestation» geschaffen. Damit können Abstellflächen bezeichnet werden, die über eine Ladestation für Elektrofahrzeuge verfügen. Die Parkfelder werden grün eingefärbt.

  • Lernfahrten ab 17 Jahren:

Wer den Lernfahrausweis für Personenwagen ab 1. Januar 2021 vor dem zurückgelegten 20. Altersjahr erwirbt, muss eine Lernphase von zwölf Monaten durchlaufen. Damit die Führerprüfung trotz der einjährigen Lernphase mit 18 Jahren absolviert werden kann, darf der Lernfahrausweis bereits im Alter von 17 Jahren erteilt werden.

  • Unlautere Werbung per Telefon

Anbieter von Fernmeldediensten müssen Kundinnen und Kunden neu nicht nur vor unlauterer Massenwerbung, sondern auch vor unlauterer Werbung schützen. Dazu gehören Werbeanrufe von einer nicht im Telefonverzeichnis registrierten Nummer. Die Anbieter sind zudem verpflichtet, über die Roaming-Tarife zu informieren.

 

6. Zusammenarbeit Kantone betreffend Cyber- und Pädokriminalität

  • Einsatz der Kantone gegen Cyber- und Pädokriminalität

Die Kantone wollen die Bekämpfung der Internetkriminalität besser koordinieren und die Ressourcen in diesem Bereich bündeln. Neu ist eine Vereinbarung der Kantone zur Organisation und Finanzierung eines Netzwerks digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität (NEDIK) in Kraft. Mit NEDIK sollen die Spezialistenressourcen gebündelt werden, damit die Bekämpfung der digitalen Kriminalität koordiniert und effizient erfolgen kann. Damit wird die Zusammenarbeit unter den Kantonen und zwischen den Kantonen und dem Bund in diesem Bereich gefördert und koordiniert, insbesondere auch in Bezug auf die Pädokriminalität.

Teilen